Erste Afghanen in Deutschland Aufnahmeprogramm der Bundesregierung verzeichnet endlich erste Erfolge!
Vor rund einem Jahr erklärte nach 12 Monaten Stillstand das Auswärtige Amt, dass künftig monatlich 1.000 Afghanen, die in ihrer Heimat akut von Gewalt und Tod durch die Taliban bedroht sind, nach Deutschland kommen dürfen. Was folgte waren bis heute andauernde zermürbende Bürokratie-Richtlinien und der zwischenzeitliche Stopp des gesamten Aufnahmeprogramms, weil offenbar einige NGOs ohne Überprüfung der personenbezogenen Daten und Angaben von einreisewilligen Afghanen diese weitergereicht haben sollen. Erstmals wurde allerdings auch beim Bundesaufnahmeprogramm erwähnt, dass explizit auch LGBTI*-Menschen in die Gruppe der besonders gefährdeten Personen fallen und das Recht auf Hilfe haben.
Sicher in Bremen angekommen
Nun nach mehr als zwei Jahren seit der Machtergreifung der Taliban sind die ersten zwei schwulen Afghanen im Rahmen des offiziellen Aufnahmeprogramms in Deutschland tatsächlich angekommen. Die beiden Männer sind Anfang 20 und sicher in einer AWO-Einrichtung mit Wachdienst in Bremen untergebracht, wo sie rund um die Uhr betreut werden. Beide haben auch ein Einzelzimmer und es ist gewährleistet, dass keine Gefahr besteht, dass sie von möglichen anderen heterosexuellen Flüchtlingen angegriffen werden könnten, wie Jörg Hutter vom Verein Rat und Tat gegenüber SCHWULISSIMO bestätigt.
Rund 30 LGBTI*-Afghanen mit Brückenprogramm gerettet
Vor dem aktuell laufenden Aufnahmeprogramm versuchte der Verein bereits mit einem kurzzeitig einberufenen Brückenprogramm als Zwischenlösung der damals neuen Ampel-Regierung LGBTI*-Afghanen nach Deutschland zu holen, rund 30 homosexuelle und queere Menschen konnten hier bereits seit April dieses Jahres in die Bundesrepublik einreisen.
Die zwei jungen schwulen Männer jetzt sind die ersten, die mit dem offiziellen Aufnahmeprogramm nach Deutschland gekommen sind, aktuell werden rund 500 weitere LGBTI*-Afghanen vom Verein betreut. Hutter hofft, dass ab jetzt monatlich bis zu einhundert vom Tode bedrohte LGBTI*-Afghanen nach Deutschland kommen können – Ziel seien insgesamt bis zu 2.000 homosexuelle und queere Menschen.
Hutter dazu: „Mit diesem wichtigen Meilenstein dürfen die Bemühungen der Bundesregierung für die Rechte von LSBTIQ* Verfolgten nicht enden. Wir fordern die Bundesregierung und alle demokratischen Parteien daher auf, sich bei den Diskussionen um die sogenannten sicheren Herkunftsstaaten, das Gemeinsame Europäische Asylsystem und in der gesamten Migrationsdebatte klar auf die Seite von Menschenrechten, Vielfalt und Respekt zu stellen. LSBTIQ* sind in den Herkunftsländern, auf der Flucht und auch nach Ankunft in Deutschland in der Regel besonders gefährdet, ihre Rechte gilt es bei allen nationalen oder internationalen Gesetzesänderungen sicherzustellen. Das Bundesaufnahmeprogramm zählt zu den Erfolgen der derzeitigen Bundesregierung. Es kann weltweit als Vorbild für eine ebenso humanitäre wie geordnete Migrationspolitik dienen, die die Würde des Menschen in den Mittelpunkt stellt.“
Glückliche Gesichter und neue Hoffnung
Es entschädige dabei sehr für die monatelangen Bemühungen, jetzt in die strahlenden glücklichen Gesichter der beiden geretteten schwulen Männer blicken zu können, wie Hutter überdies verrät. In Afghanistan wurden beide Männer gefoltert. Die beiden Schwulen können jetzt eine Aufenthaltserlaubnis beantragen, einen Asylantrag müssen sie nicht mehr stellen, da sie bereits vorab beim Bundesaufnahmeprogramm einen dreistufigen Prüfungsprozess beim Auswärtigen Amt, dem Innenministerium sowie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge durchlaufen haben.
Hutter, der auch Mitglied im Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes Deutschland ist, sagt: „Organisationen wie der LSVD und Rainbow Afghanistan erhalten unzählige und verzweifelte Hilferufe, in denen queere Menschen in Afghanistan darum bitten, sie in Sicherheit zu bringen. Die Ankunft der ersten queeren Geflüchteten aus Afghanistan gibt uns Hoffnung, gemeinsam mit den Behörden noch mehr Personen vor dem menschenfeindlichen Regime der Taliban retten zu können. Indem die Bundesregierung LSBTIQ* vor Verfolgung, Terror und Gewalt schützt, kommt sie ihrer historischen Verantwortung nach und erfüllt ihr Koalitionsversprechen, reguläre Migration zu ermöglichen.“
Systematische Jagd auf Homosexuelle
In Afghanistan machen die Taliban seit 2021 systematisch Jagd vor allem auf homosexuelle Männer. Auch ihre Familien werden mit dem Tode bedroht, bis sich die Schwulen auf der Flucht oftmals dann doch „freiwillig“ stellen oder in ihrem Versteck entdeckt werden. Anschließend werden sie in einem eigens dafür eingerichteten Gefängnis für Homosexuelle inhaftiert, wochenlang gefoltert und schlussendlich grausam ermordet. „Auf gleichgeschlechtliche Handlungen steht in Afghanistan die Todesstrafe. Zu viele LSBTIQ* sind bereits ermordet worden“, so Hutter.